„Geheiligt werde sein Name“, beten wir Christen im Vater unser. Aber welcher Name ist gemeint? Der jüdisch-christliche Gott hat viele Namen, mit denen er angerufen wird. So heißt er in der Bibel, der „Barmherzige“, der „Vater“, die „Mutter“, aber auch der „Gerechte“ und der „Zornige“. Die feministische Theologie hat zurecht darauf hingewiesen, dass Gott nicht auf das männliche Geschlecht festgelegt werden kann und auch in der Bibel von Gott als Freundin, als Mutter, als Amme, Bäckerin oder Weberin gesprochen wird. Jesus nennt Gott „Vater“, oder auch noch vertraulicher „Papa“.
Im Alten Testament, im zweiten Buch Mose, im 3. Kapitel steht die bekannte Geschichte von Mose vor dem brennenden Dornbusch, in der Gott Mose beauftragt, das Volk der Israeliten aus Ägypten, aus der Sklaverei, zu führen. Und dann fragt Mose ihn nach seinem Namen: „Wenn ich nun zu den Israeliten komme und ihnen sage: ‚Der Gott eurer Väter hat mich zu euch gesandt’, und sie mich fragen: ‚Welches ist sein Name?’ – was soll ich ihnen antworten?“ Und Gott stellt sich ihm so vor: „‚Ich werde sein, der ich sein werde.’(…) So sollst du zu den Israeliten sagen: Der ‚Ich bin da’, der Gott eurer Väter, der Gott Abrahams, der Gott Isaaks, der Gott Jakobs hat mich zu euch gesandt’. Das ist mein Name auf ewig.” (2. Mose 3,14f) Damit hat sich Gott in diesem Gespräch gleich dreifach vorgestellt: Einmal als Gott der Väter. So ist er seinem Volk schon bekannt. Und dann unter seinem Eigennamen. ‚Ich bin da’. Und diesen Namen erläutert er mit dem Satz: „Ich werde sein, der ich sein werde.“
Dieser Eigenname bleibt geheimnisvoll. Er besteht aus vier Buchstaben, einem Tetragramm. Es sind dies die Buchstaben J H W H. Sie stammen ab von dem Verb „sein“, und man kann sie übersetzen mit: „Ich bin da“, oder konkreter: „Ich bin für dich da“, oder im Futur: „Ich werde sein“. Zeit ist relativ, sagt Einstein. Und das scheint sich auch in Gottes Selbstvorstellung wiederzuspiegeln, wo Futur und Präsens ineinanderfließen. Die Buchstabenkette wurde verschiedentlich mit Vokalen bestückt. Zum Beispiel E O und A, dann ergibt sich „Jehova“, wie die Zeigen Jehovas es sprechen. Allgemein durchgesetzt hat sich eher A und E, was „Jahwe“ ergibt. Aber auch das bleibt letztlich nur eine Rekonstruktion. Heite weiß letztlich keiner, wie das Wort ursprünglich ausgesprochen wurde. Der Gottesname taucht etwa 6800 mal in der Bibel auf. Luther übersetzt in mit „HERR“ und greift damit die jüdische Tradition auf, den Gottesname aus Ehrfurcht nicht auszusprechen. Aber auch das ist nicht unproblematisch, unterstellt es doch den Gottesnamen den Herrschaftsaspekt: Gott ist Herr, wir sind seine Untergebenen. Ganz davon abgesehen, dass damit Gott auch ein Geschlecht nahegelegt wird. Beides ergibt sich nicht aus der Selbstvorstellung Gottes heraus. Der Gottesname bleibt hier letztlich eher ein Satz, nicht ein Name im engeren Sinne. Gott bleibt unfassbar, und auch nicht festlegbar auf menschliche Vorstellungen und Kategorien. Er ist kein Mann, keine Frau und auch nicht divers. Er sagt einfach: Ich bin da. Ich werde sein, wie ich immer war – und entscheidend: Ich werde für dich da sein.