Impuls 25.12.2021; Weihnachten – Es begab sich aber zu der Zeit

Heute am Weihnachtstag grüße ich euch wieder einmal mit einer Andacht aus der Bethlehemskapelle. Sie nimmt die gestrige Losung zur Grundlage. Sie macht Hoffnung, das die Botschaft von Weihnachten stärker ist, als alle Widrichkeiten.
Allen ein gesegnetes Weihnachtsfest!

Verlass mich nicht, HERR, mein Gott, sei nicht ferne von mir!
Psalm 38,22

Es begab sich aber zu der Zeit
als alle Welt hin und hergerissen war zwischen Angst vor neuen Virusvarianten
und Erfolgen bei den Impfungen.
Zwischen Kontaktbeschränkungen und Widerstand,
Solidarität und Hass.
Als die Propheten dieser Welt Unheil voraussagten,
das Ende der Demokratie,
das Ende der Mitmenschlichkeit,
das Ende der bewohnbaren Erde.
Als Gott ferne schien und die Dunkelheit nah.

Da

erinnerte man sich an die Worte des Engels, der da sprach: Fürchtet euch nicht!
Und man teilte diese Worte mit den Nachbarn und in den Netzwerken
und sagte zueinander:
Lasst uns nun endlich gehen nach BETHLEHEM und die Geschichte sehen,
die da geschehen ist.

Gelobt sei der Herr, der Gott Israels! Denn er hat besucht und erlöst sein Volk.
Lukas 1,68

 

Erdmann Becker

Die »virtuelle Bethlehemskapelle« bringt täglich einen aktuellen Kurzimpuls zur Losung der Herrnhuter Brüdergemeine.
In der realen Bethlehems-Kapelle in Prag hielt vor über 600 Jahren Jan Hus mit großer öffentlicher Resonanz seine Predigten in der Sprache des Volkes.
Seine Ermordung auf dem Scheiterhaufen löste die Böhmische Reformation aus, aus der über die alte Unität der Brüder auch unsere Kirche hervorging, die Evangelische Brüder-Unität – Herrnhuter Brüdergemeine.
Sie gibt seit 1731 die Losungen heraus.

»Bethlehem« wird Ihnen zugesandt von der Evangelischen Brüder-Unität – Herrnhuter Brüdergemeine
Weitere Informationen finden Sie unter www.losungen.de

Andacht für den 3. Advent – Es kommt ein Schiff

Link zum Lied „Es kommt ein Schiff geladen“

https://www.youtube.com/watch?v=3tQb8pcj-aw

Gedanken zum Lied
Ein Bild zwischen Sehnsucht und Bangen

Ich habe ein Bild vor Augen. Ein Bild vergangener Jahrhunderte. Ohne Telefon, Internet und Whatsapp. Ein Mensch steht am Ufer des Meeres. Der Strand liegt im Abendlicht der untergehenden Sonne. Das weite Meer liegt spiegelglatt. Nur eine ganz sachte Brandung spielt in der Ruhe des Abends. Eine gespannte Ruhe. Die Augen des Menschen wandern. Suchen den Horizont ab. Sehnsüchtig. Suchen nach dem Umriss eines Schiffes. Tag für Tag geht dieser Mensch zum Strand. Wartet. Die Augen tasten den Horizont ab.

Der Mensch steht am Ufer des Meeres. In dieser Szene liegt viel Sehnsucht. Wie viele Menschen mögen einst die Ankunft eines Schiffes erwartet haben. Sehnsüchtig. Der Familienvater, der auf Post und Nachricht seiner ausgewanderten Kinder wartet. Die Frau, die ihren Geliebten von See zurückerwartet. Bangend, hoffend. Der Kaufmann, der auf die kostbare Fracht wartet. Getreide, Hölzer, Gewürze. So kostbar, dass sein Auskommen von der Wiederkunft des Schiffes abhängt. Der Neugierige, der selber hofft, einst über den Horizont hinaus zu gelangen.

Ein Schiff. Ein Symbol für Sehnsucht. Teure Fracht trägt es. Es transportiert Botschaften zwischen Kontinenten und Welten. Ein Botschafter aus einer anderen Welt. Jenseits des Horizonts. In diesem Bild liegt aber auch eine große Spannung. Das Meer ist auch ein unheimliches Terrain. Fremd und gefährlich. Die Seeleute erzählen von gefürchteten Stürmen, brutalen Seeräubern und Ungeheuern aus der Tiefe des Meeres. Die alten Israeliten vermuteten am Grunde des Meeres den Eingang zur Totenwelt. Nur die robusten Planken des Schiffes trennen den Seefahrer vom Tod. Es ist ein erlösender Moment, wenn dann die Segel des lang erwarteten Schiffes am Horizont auftauchen. Dann fallen die Sorgen ab. Und der Herzschlag beschleunigt sich.

Es kommt ein Schiff
Diese Bild greift ein bekanntes Adventslied auf:

1.     Es kommt ein Schiff, geladen bis an sein‘ höchsten Bord
        trägt Gottes Sohn voll Gnaden, des Vaters ewigs Wort.

Sehnsüchtig erwartet. Die rettende Fracht. Ein Sinnbild für die Begegnung zweier Welten. Meer und Land, Himmel und Erde, Gott und Mensch.

Das Schiff nähert sich dem Ufer. Die Gefahren der See verblassen bereits.

2.     Das Schiff geht still im Triebe, es trägt eine teure Last;
        Das Segel ist die Liebe, der Heilig Geist der Mast.

Dieses Schiff unterscheidet sich von vielen Schiffen. Die Gefahren der See haben die Schiffe wehrhaft gemacht. Kriegsschiffe, bis an die Zähne bewaffnet. Selbst Handelsschiffen sind oft bewaffnet, um Seeräuber abzuschrecken. Die Fracht dieses Schiffes ist kostbar. Vielleicht die kostbarste Fracht überhaupt. Und doch: Dieses Schiff ist unbewaffnet. Liebe ist das Segel. Der Heilige Geist der Mast. Wie ein starkes Kreuz hält es das Schiff aufrecht. Hält das Segel, die Liebe hoch.

3.    Der Anker haft‘ auf Erden, da ist das Schiff am Land.
       Das Wort will Fleisch uns werden, der Sohn ist uns gesandt.

Gott selbst ist an Bord. Jesus Christus. Die kostbarste Fracht für die Menschheit. Jesus, ist über die Todestiefen des Meeres zu uns gelangt, trägt Gottes Frieden in die Herzen der Menschen. Er ergreift Partei für uns Menschen. Er heilt und versöhnt. Er ermöglicht Leben über den Tod hinaus. Der uns die Brücke baut zu Gott, dem liebenden Gott. Eine rettende Fracht.

Das Lied erscheint mir manchmal wie aus weiter Ferne. Fremd und vertraut die Melodie, alt und geheimnisvoll die Worte. Jede Strophe zweigeteilt. Wie auf sanften Wogen schaukelt das Schiff im ersten Teil. Die Töne loten die Tiefe aus. In der zweiten Hälfte setzt der Reisende den Fuß aufs Land. Schreitet kräftig und fröhlich aus. Steigt mit der Melodie hinauf vom Hafen in die Stadt und kehrt wieder zurück zum tiefen Anfangston. In den Bauch des Schiffes.

Im Miteinander der Deutungshorizonte

Uralt ist das Lied vom Schiff. Es gehört zu den ältesten geistlichen Gesängen in unserer Sprache. Das Lied lässt mehrere Deutungen zu. Es ist als Marienlied gesungen worden. Maria, die Schwangere, ist wie ein Schiff. Sie trägt eine  teure Last. Gott schickt das Allerkostbarste, das Beste, was er hat: Seinen Sohn. Seine Liebeserklärung an uns. Sein ewiges Wort. Was Gott sagt, ist verlässlich. Dieser Jesus Christus verkörpert die Wahrhaftigkeit von Gottes Zusagen.

In dem Schiff haben die Christen auch ein Bild für die Kirche gesehen. Für das Gebäude, in dem wir zusammenkommen. Und für die Gemeinschaft der Gemeinde, die mit Jesus unterwegs ist.

Aber auch die Seele jedes einzelnen Christen können wir als Schiff betrachten. Ruhig treibt es dahin. Wenn der Wind stark bläst, wird es schneller. Liebe ist das Segel. Sie fängt die Windkraft auf, damit wir Fahrt gewinnen. Die Liebe hält unser Lebensschiff in Gang. Liebe ist Bewegung, äußerlich und im Innern. Wir gehen auf den andern Menschen zu und mit ihm mit. Wir wollen wissen, was ihn bewegt, mit ihm lachen und trauern, zürnen und hoffen, wandern und ausruhen.

Vom Stall bis zum leeren Grab

In den Strophen 4-6, verlässt das Geschehen das Schiff. Gott wird greifbar:

4. Zu Bethlehem geboren im Stall ein Kindelein,
gibt sich für uns verloren, gelobet muss es sein.

5. Und wer dies Kind mit Freuden umfangen, küssen will,
muss vorher mit ihm leiden groß Pein und Marter viel.

6. danach mit ihm auch sterben und geistlich auferstehn,
das ewig Leben erben, wie an ihm ist geschehn.

Der Stall im Bethlehem kommt in den Blick. Und am Horizont erscheint auch – verschwommen noch – was auf dieses Kind zukommen wird: Der Weg nach Jerusalem. Das Kreuz, an dem dieses Kind sterben wird. Der brutale Spott der Menschen. Das Grab in das dieses Kind hineingelegt
werden wird. Dann das leere Grab. Die Auferstehung. Der Triumpf des Lebens. Wer sich an dieses Kind hält, geht diesen Weg mit.

Uralt, schwer und kostbar

Uralt ist das Lied vom Schiff. In jeder Strophe erst ruhige Wellenbewegungen, dann das mutige Ausschreiten im zweiten Teil der Strophe.  Ein tiefer Anfangston. Am Schluss kehrt es zu ihm zurück, zurück in den Bauch des Schiffes. Es ist kein leichtes Lied. Ein Schwere liegt dem Lied zugrunde. Es kennt die Gefahren der See. Es weiß, was auf Jesus zukommt. Es weiß auch um die Kostbarkeit dieser Geschehnisse. Ehrfürchtig nähert es sich den Geschehnissen. Ahnt das Heilige. Das Geheimnis von Weihnachten. Gott kommt. Ganz klein. Unendlich. Wird einer von uns. Wirbt. Leidet. Stirbt. Rettet uns alle. Vorsichtig nähert sich das Lied dem heiligen Geschehen.
Es kommt ein Schiff, geladen. Es trägt eine teure Last.

Amen.

Andacht zum 2. Advent Lasst uns froh und munter sein – dann halt in Moll

 

Andacht im Musikalischen Gottesdienst, Schmorkau
Pfarrer Porsch

Lasst uns froh und munter sein und der Ernst der Lage
Lasst uns froh und munter sein.
Und uns recht von Herzen freun.

Lustig, lustig trallalala… la.

So recht scheint mir das nicht in die Zeit zu passen. Unbeschwertheit ist nicht gerade das, was sich hinter Maske und Abstand zügellos entfaltet. Die Lage ist ernst. Viele Menschen sind schwer erkrankt. Mitarbeiter im Gesundheitswesen sind über ihre Grenzen hinaus unter Druck. Lasst uns vernünftig sein. Nicht über die Strenge schlagen. Regeln einhalten. Den Preis bedenken, den Unachtsamkeit für uns und andere bedeuten kann.

Und doch, wenn die Kinder voller Vorfreude ihre Schuhe putzen sind in diesem Moment alle Nöte der Zeit weit weg. Begeistert malen sie sich aus, was der Nikolaus alles bringen könnte. Lieber die großen Stiefel ganz nach vorne gestellt, statt der Halbschuhe, die nur halb soviel Süßigkeiten fassen. Ich beobachte und genieße die Vorfreude der Kinder. Ein wenig Wehmut habe ich auch im Blick. So wie sie werde ich den Nikolaustag nie mehr herbeisehnen können. Denn ich weiß zu viel.
Oder mag es doch einen Weg zurück geben? In die mystische Welt der Kindheit? Werden wie die Kinder? Trägt das nicht die Verheißung des Himmelreiches?
Was hindert mich, die Schuhe zu putzen und den Teller rauszustellen?

Hören von „Lasst uns froh und munter sein“ mit Ivan Rebroff

Manchmal ist der Teller leer
Manchmal aber ist der Teller leer. Und alle Freude, aller Gaudi kann das nicht mehr kaschieren. Manche Leere verschluckt jedes Lachen. Und manche Not macht mich sprachlos. Im Evangelium des zweiten Adventsonntages schreibt Lukas:

Wenn an Sonne Mond und Sternen Zeichen geschehen werden wird den Völkern bange sein, und sie werden verzagen, vor dem Brausen und Wogen des Meeres, und die Menschen werden vergehen vor Furcht in Erwartung der Dinge, die kommen sollen über die ganze Erde, wenn die Kräfte des Himmels ins Wanken kommen.

Es ist nicht leicht
nicht zu verzweifeln, wenn um uns alles Vertraute ins Wanken gerät. Im Lied schafft es das lyrische ich mit Pragmatismus, die Leere des Tellers zu ertragen. Leer ist leer. Daran lässt sich nichts machen. Aber das muss ja nicht alle Zeit so bleiben. Und vielleicht ist beim nächsten Mal ja auch für mich was dabei. Lasst uns froh und munter sein. Auch wenn wir es nicht in Dur, sondern in Moll singen müssen. Lasst uns froh und munter sein. Selbst wenn nicht viel da ist zum freuen, gibt es doch vieles, auf das wir uns freuen können. Vielleicht auch Ausdruck russischer Lebenskunst.

Erhebt eure Häupter, weil sich eure Erlösung naht
Ich will mir diese Leichtigkeit in Moll zu eigen machen.
Das Schlechte nicht ignorieren. Aber es mich auch nicht niederdrücken lassen. Nicht im Angesicht der Nöte erstarren und verzagen. Sondern
das in den Blick nehmen,
was mir Hoffnung gibt, was mich handlungsfähig macht. Lukas, der Evangelist, hört nicht auf bei den Schrecken einer Welt, die aus den Fugen gerät. Er schreibt weiter:

Wenn aber dieses anfängt zu geschehen, dann seht auf und erhebt eure Häupter,
weil sich eure Erlösung naht.

In allen Nöten haben wir doch Grund zur Hoffnung. Wir haben allen Grund anzunehmen, dass all unsere Bemühungen nicht umsonst sein werden. Denn Gott ist Herr der Welt. Und er hat uns im Blick. Er kommt zu uns; Nimmt Anteil an unserem Leben und Sterben. Er ist stärker als der Tod. Kein Übel kann ihm widerstehen. Und dann sehe ich, was uns Gott alles mit auf den Weg gegeben hat: Einen Verstand, der in der Lage ist, Probleme zu ergründen, Strategien zu entwickeln, Impfstoffe zu ersinnen. Ich wäre ein Narr, würde ich die Gaben, die Gott uns geschenkt hat, nicht nutzen. Und das will ich mit Zuversicht tun, und manchmal auch mit Übermut, weil sich meine Erlösung naht. Weil in Gottes Gegenwart auch das imposanteste Problem relativiert wird. Lasst uns froh und munter sein. Und wenn die Situation es erfordert, dann halt mit Maske und 3 oder 2G-Regeln. Wenn uns ehrlicher ist, dann halt in Moll. Lasst uns froh und munter sein.

Lasst uns froh und munter sein
Ein Mann, 82 Jahre, krabbelt über den Boden. Hin und her, unter dem Tisch durch,
auch wenn es etwas eng ist. auch wenn die Knie bedenkliche Geräusche von sich geben. Diesen alten Mann auf allen Vieren würde man wohl für verrückt halten, wenn nicht direkt vor ihm ein kicherndes, reichlich einjähriges Kleinkind krabbeln würde. So stehe ich als Betrachter davor, freue mich über die Unbeschwertheit, mit der der alte Mann seinem Enkelkind hinterher krabbelt. Was die Lebensfreude kleiner Kinder mit alten Leuten anstellen kann? Im Blick der Mutter des Kleinkindes, seine Tochter steht gleichermaßen Glück und Sorge: Opa, denk an deine Gicht. Aber Gelenkbeschwerden halten ihn nicht auf. Für diesen Moment des Übermutes. Diesen himmlischen Moment, diesen Vorgeschmack. Nachher dann wird er sich ächzend aufrichten. Und den schmerzenden Glieder Tribut zollen, im Sessel wieder der alte, vom Leben gezeichnete Mann sein. Aber das war es wert. Lasst uns froh und munter sein. Weil sich unsere Erlösung naht.

Amen.