Da stand er nun, mutterseelenallein auf dem Rathausplatz. Vorsichtig schaute er sich um. Er versuchte den anderen aus dem Weg zu gehen. Sicher, er war nicht irgendwer. In der Stadt kannte ihn jeder. Er zählte zu den einflussreichsten Bürgern dieser Stadt. Wirtschaftlich hatte er lange ausgesorgt. Die Zusammenarbeit mit der Besatzungsmacht hatte sich gelohnt. Aber dieser wirtschaftliche Erfolg hatte auch seinen Preis. Die Menschen gingen ihm aus dem Weg, sie verachteten ihn. Schon manchmal hatte er sich überlegt, alles hinzuschmeißen und neu anzufangen. Aber da war sein behinderter Sohn. Er würde nie selbstständig sein können. Und seine hübsche Frau, aus gutem Hause, die einen gewissen Lebensstandart gewöhnt war. Er konnte nicht zurück. Er sehnte sich so nach etwas Achtung und Angenommensein. Aber man konnte halt nicht alles haben. Seit Tagen schon hörte er, wie die Menschen in seiner Stadt von dem Gottesmann sprachen, der durch das Land zog. Er sprach von Gottes Liebe und Zuwendung für alle Menschen. Einmal wenigstens wollte er ihn hören. Ab er konnte sich ja nicht mit den anderen am Straßenrand drängeln. Das würden sie nie akzeptieren. Er war froh, dass er den stabilen Baum, mit dem dichten Blattwerk entdeckt hatte. Schnell war er oben. Wenn er nicht gesehen werden wollte, musste er halt etwas länger warten.
Die Stunden vergingen langsam. Die Straßen füllten sich mit Menschen, der Lärmpegel schwoll an. Plötzlich erklangen Rufe: „Er kommt, er kommt.“ Vorsichtig teile er das Blattwerk und hielt Ausschau. Da kam er. Äußerlich eher unscheinbar, bahnte er sich einen Weg durch die Menge. Hier schüttelte er Hände, dort sprach er ein Gebet, an einer anderen Stelle legte er jemanden die Hände auf. Plötzlich hob er den Kopf, schaute ihm direkt in die Augen und sprach: „Komm schnell vom Baum herunter, ich muss heute bei dir einkehren.“
In diesem Moment schien die Zeit stehen zu bleiben. Er konnte es nicht fassen. Dieser Mann, von dem man sagte, er sei der Messias, wollte bei ihm einkehren – bei ihm, dem Steuereintreiber, dem Verachteten, dem Sünder.
Jesus kehrte bei Zachäus ein und begegnete ihm mit der Barmherzigkeit Gottes. Seine Liebe gilt allen Menschen. Er stellt keine Bedingungen.
In diesem Jahr steht Gottes Barmherzigkeit im Mittelpunkt. Wir sind aufgefordert diese Barmherzigkeit auch anderen entgegen zu bringen. Eine echte Herausforderung, aber sie kann die Welt verändern. Lasst es uns versuchen.