Impuls 05.06.2020 Der Name Gottes

„Geheiligt werde sein Name“, beten wir Christen im Vater unser. Aber welcher Name ist gemeint? Der jüdisch-christliche Gott hat viele Namen, mit denen er angerufen wird. So heißt er in der Bibel, der „Barmherzige“, der „Vater“, die „Mutter“, aber auch der „Gerechte“ und der „Zornige“. Die feministische Theologie hat zurecht darauf hingewiesen, dass Gott nicht auf das männliche Geschlecht festgelegt werden kann und auch in der Bibel von Gott als Freundin, als Mutter, als Amme, Bäckerin oder Weberin gesprochen wird. Jesus nennt Gott „Vater“, oder auch noch vertraulicher „Papa“.

Im Alten Testament, im zweiten Buch Mose, im 3. Kapitel steht die bekannte Geschichte von Mose vor dem brennenden Dornbusch, in der Gott Mose beauftragt, das Volk der Israeliten aus Ägypten, aus der Sklaverei, zu führen. Und dann fragt Mose ihn nach seinem Namen: „Wenn ich nun zu den Israeliten komme und ihnen sage: ‚Der Gott eurer Väter hat mich zu euch gesandt’, und sie mich fragen: ‚Welches ist sein Name?’ – was soll ich ihnen antworten?“ Und Gott stellt sich ihm so vor: „‚Ich werde sein, der ich sein werde.’(…) So sollst du zu den Israeliten sagen: Der ‚Ich bin da’, der Gott eurer Väter, der Gott Abrahams, der Gott Isaaks, der Gott Jakobs hat mich zu euch gesandt’. Das ist mein Name auf ewig.” (2. Mose 3,14f)  Damit hat sich Gott in diesem Gespräch gleich dreifach vorgestellt: Einmal als Gott der Väter. So ist er seinem Volk schon bekannt. Und dann unter seinem Eigennamen. ‚Ich bin da’. Und diesen Namen erläutert er mit dem Satz: „Ich werde sein, der ich sein werde.“

Dieser Eigenname bleibt geheimnisvoll. Er besteht aus vier Buchstaben, einem Tetragramm. Es sind dies die Buchstaben J H W H. Sie stammen ab von dem Verb „sein“, und man kann sie übersetzen mit: „Ich bin da“, oder konkreter: „Ich bin für dich da“, oder im Futur: „Ich werde sein“. Zeit ist relativ, sagt Einstein. Und das scheint sich auch in Gottes Selbstvorstellung wiederzuspiegeln, wo Futur und Präsens ineinanderfließen. Die Buchstabenkette wurde verschiedentlich mit Vokalen bestückt. Zum Beispiel E O und A, dann ergibt sich Jehova“, wie die Zeigen Jehovas es sprechen. Allgemein durchgesetzt hat sich eher A und E, was Jahwe“ ergibt. Aber auch das bleibt letztlich nur eine Rekonstruktion. Heite weiß letztlich keiner, wie das Wort ursprünglich ausgesprochen wurde. Der Gottesname taucht etwa 6800 mal in der Bibel auf. Luther übersetzt in mit HERR“ und greift damit die jüdische Tradition auf, den Gottesname aus Ehrfurcht nicht auszusprechen. Aber auch das ist nicht unproblematisch, unterstellt es doch den Gottesnamen den Herrschaftsaspekt: Gott ist Herr, wir sind seine Untergebenen. Ganz davon abgesehen, dass damit Gott auch ein Geschlecht nahegelegt wird. Beides ergibt sich nicht aus der Selbstvorstellung Gottes heraus. Der Gottesname bleibt hier letztlich eher ein Satz, nicht ein Name im engeren Sinne. Gott bleibt unfassbar, und auch nicht festlegbar auf menschliche Vorstellungen und Kategorien. Er ist kein Mann, keine Frau und auch nicht divers. Er sagt einfach: Ich bin da. Ich werde sein, wie ich immer war – und entscheidend: Ich werde für dich da sein.

Impuls 04.06.2020 Engel brauchen Landeplätze

Hier noch ein Berliner Lied: Engel brauchen Landesplätze.
Der Text ist von Olaf Trenn, die Musik von Günther Brick und gesungen ist es hier von Sarah Kaiser.

Ein Lied, das dafür wirbt, die Leerzeiten, auch die wüsten und öden Flecken in unserem Alltag und unserer Biografie wertzuschätzen. Paulus sagt: In meiner Schwachheit ist Gott wirkmächtig (2.Kor 12,9). Und manchmal nutzt gerade Gott unsere Aussetzer, um in uns, an uns und durch uns zu wirken.

Impuls 01.06.2020 Pfingstereignis

Ausgießung des Heiligen Geistes im Rabbula-Evangeliar (586)

Das Rabbula-Evangeliar ist eine syrische Handschrift auf Pergament aus dem Jahr 586. Sie beinhaltet die vier Evangelien und vorangestallt sind einige farbige Zeichnungen, deren Erschaffer nicht bekannt ist.

Bei diesem Bild hier handelt es sich um eine der ältesten Pfingstdarstellungen, die wir heute haben:
Links und rechts von Maria stehen die Apostel,  mit Feuerflammen über den Häuptern, der Heilige Geist  schwebt als Taube über Maria, der Mutter Jesu, die in dieser Darstellung eine zentrale Position während des Pfingstereignisses einnimmt.

Impuls 30.05.2020 Du bist

Du bist

Dein Ort ist, wo Augen dich ansehn
Es gibt dich, weil Blicke dich wolln
Wo Augen sich treffen, enstehst du
Du bist – lass den Rest der Welt grolln.

Du bist gefallen
Aber jetzt fällst du nicht
Augen fangen dich auf
Zeig dich uns allen
Zeig dein Gesicht
Nimm das Leben in Kauf

Es gibt dich,
weil Augen dich ansehn,
und sagen, dass es dich gibt.
Wo Augen sich treffen enstehst du
Da ist jemand da
Der dich siehst,

(nach Hilde Domin)

Impuls 29.05.2020 Mit meinem Gott

Mit meinem Gott
Text: Olaf Trenn. Musik: Günter Brick
gesungen von: Sarah Kaiser

1. Mit meinem Gott kann ich über Mauern springen,
Berge versetzen und verrückte Lieder singen.
Mit meinem Gott kann ich übers Wasser laufen
oder durch die Fluten gehen, ohne zu ersaufen.

Refrain:
Mit meinem Gott kann ich über Mauern springen;
einfach unglaublich, dass er das tut.
Ich kann es gar nicht fassen, dass er mich mitnimmt;
kaum zu glauben, aber es tut gut. So gut
.

2. Mit meinem Gott kann ich wie mit Freunden sprechen,
Menschen begeistern und die stärksten Ketten brechen.
Mit meinem Gott kann ich durch die Wüste reisen,
mit fünf Broten und zwei Fischen viele Menschen speisen.

Refrain: Mit meinem Gott…

3. Mit meinem Gott kann ich weinen und auch lachen,
Stille erfahren und verrückte Sachen machen.
Mit meinem Gott kann ich neu zu leben wagen,
anderen zur Seite stehen, ihre Lasten tragen.

Refrain: Mit meinem Gott…

4. Mit meinem Gott kann ich auf Gewalt verzichten,
Waffen umschmieden, sie am besten gleich vernichten.
Mit meinem Gott kann ich auch dem Frieden trauen
und mit Menschen guten Willens an der Zukunft bauen.

 

Impuls 27.05.2020 Geborgenheit Leo Tolstoi

Der russische Dichter Graf Leo Tolstoi fasste einmal seine ganze Lebensgeschichte in einem kurzen Gleichnis zusammen:

„Ich kam mir vor“, so erzählt er, „wie ein Mensch, den man in einen Kahn setzt und in dessen unerfahrene Hände man die Ruder gelegt hatte. Vom Ufer fortgestoßen, ruderte ich auf dem reißenden Strom des Lebens dahin. Je mehr ich in die Mitte der Strömung kam, umso mehr Menschen begegnete ich. Lachende, singende, lärmende Menschen, die alle in einer Richtung dahinfuhren, und niemand fragte danach, ob denn die Richtung stimmte, in die die Fahrt ging. Plötzlich hörte ich durch das Gewitter das Tosen und Brausen der Stromschnellen, und ich sah, wie vor mir ein Lebensschiff nach dem anderen kenterte und unterging. Da kam ich zu mir und hielt inne mit der tollen Fahrt. Mit aller Gewalt ruderte ich zurück, stromaufwärts, dem Ufer zu, und endlich kam ich heraus aus der gefährlichen Strömung. Das Ufer, von dem ich eigentlich losgetrieben, war der lebendige Gott. Nun war ich zu ihm zurückgekehrt und geborgen.“