Impuls 27.05.2020 Geborgenheit Leo Tolstoi

Der russische Dichter Graf Leo Tolstoi fasste einmal seine ganze Lebensgeschichte in einem kurzen Gleichnis zusammen:

„Ich kam mir vor“, so erzählt er, „wie ein Mensch, den man in einen Kahn setzt und in dessen unerfahrene Hände man die Ruder gelegt hatte. Vom Ufer fortgestoßen, ruderte ich auf dem reißenden Strom des Lebens dahin. Je mehr ich in die Mitte der Strömung kam, umso mehr Menschen begegnete ich. Lachende, singende, lärmende Menschen, die alle in einer Richtung dahinfuhren, und niemand fragte danach, ob denn die Richtung stimmte, in die die Fahrt ging. Plötzlich hörte ich durch das Gewitter das Tosen und Brausen der Stromschnellen, und ich sah, wie vor mir ein Lebensschiff nach dem anderen kenterte und unterging. Da kam ich zu mir und hielt inne mit der tollen Fahrt. Mit aller Gewalt ruderte ich zurück, stromaufwärts, dem Ufer zu, und endlich kam ich heraus aus der gefährlichen Strömung. Das Ufer, von dem ich eigentlich losgetrieben, war der lebendige Gott. Nun war ich zu ihm zurückgekehrt und geborgen.“

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